Nagetiergifte bedrohen unsere einheimischen Greifvögel

Rotmilan, Habicht und Co. in Not

Mit Giftködern versucht man hier zu Lande dem Nager Herr zu werden. Doch die Giftstoffe bedrohen tatsächlich ganz andere Arten. 

Im Bereich der Stadt-, Land- und Forstwirtschaft kommen häufig Giftköder zur Nagetierbekämpfung zum Einsatz. Besonders Blutgerinnungshemmer (sog. Rodentizide), die zur eigentlichen Bekämpfung von Mäusen und Ratten eingesetzt werden, reichern sich in der Leber der Beutegreifer an. Insbesondere der einheimische Rotmilan sammelt gerne tote Tiere und kommt so schnell mit dem Gift in Kontakt. 

Dies geht aus einer Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), des Umweltbundesamtes (UBA) und des Julius-Kühn-Instituts (JKI) im Fachmagazin Environmental Research hervor. 

So hatte das Forschungsteam 186 Greifvögel untersucht, die zwischen 1996 und 2018 gestorben waren. Akut gefährdet schienen Greifvögel in der Nähe von Städten zu sein, aber auch in schwach besiedelten Regionen kamen die Tiere mit dem Gift in Kontakt. 

Untersucht wurden See- und Fischadler, Habichte, Rotmilane und Sperber.

“Wir fanden Rodentizid-Rückstände im Lebergewebe von mehr als 80% der untersuchten Habichte und Rotmilane” sagt IZW-Forscher Alexander Badry. 

Bei mehr als der Hälfte der 186 Vögel wurden dabei zwischen einem und sechs Stoffen aus Nagetier Giften im Lebergewebe nachgewiesen. Getestet wurde insgesamt auf alle derzeit für Rodentizide registrierten Stoffe: Brodifacoum, Bromadiolon, Chlorophacinon, Coumatetralyl, Difenacoum, Difethialon, Flocoumafen und Warfarin. Die meisten Nachweise gab es in 81,3 Prozent der untersuchten Habichte und 80,5 Prozent der Rotmilane.

So überschritten 18% der Habichte und 14% der Rotmilane, anhand der gemessenen Dosis, den Schwellenwert für eine akute Vergiftung. Was vermutlich auch zum Rückgang der Rotmilan-Population, in Deutschland beiträgt.

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Rodentizide sind für die Vögel nicht zwingend tödlich - allerdings sehr gefährlich

Auch wenn die Blutgerinnungshemmer nicht immer unmittelbar zum Tod der Vögel führen, beeinträchtigen sie die Blutgerinnung der Tiere, erklären die Forscher. 

Dann reicht es aus, wenn die Beutegreifer mal härter landen oder sich stießen, um schwere innere Blutungen zu verursachen. Daran könnten die Vögel dann schließlich sterben. 

Besonders stadtnah lebenden Greifvögel kommen schnell mit dem Gift in Kontakt. Dies bedeute nicht automatisch, dass sich die Gerinnungshemmer stärker in den Tieren anreichern, erläuterten die Forscher. Entscheidender sei vielmehr, ob ein Vogel sich von Aas ernährt oder von Nagern, die direkten Zugang zu Giftködern haben. 

Bei Seeadlern wies das Forscherteam in fast 40% der Proben niedrige Konzentrationen des Giftes nach. Bei Sperbern und Fischadlern war die Konzentration gering oder gleich null. Allerdings konnten auch andere Chemikalien in den Tieren nachgewiesen werden. Mittel die die Menschen im Alltag nutzen, wie Pflanzenschutzmittel oder Medikamente.

So fand das Forschungsteam Arzneistoffe wie Ibuprofen in 14,3 Prozent, Fluorchinolon-Antibiotika in 2,3 Prozent sowie verschiedene Pflanzenschutzmittel in den Kadavern. Die meisten analysierten und derzeit verwendeten Pflanzenschutzmittel wurden aber nicht nachgewiesen.

Zusammenfassend erläutern die Forscher, dass die Vergiftung durch Rodentizide eine wichtige Todesursache darstellen. 

Die Quellen der Gifte und ihre Verteilung innerhalb der Nahrungskette müssten im Hinblick auf Sekundärvergiftungen und potenzielle Toxizität neu bewertet werden. 

Der Nachweis von Rodentiziden bei Seeadlern zeige, dass auch die Verteilung in der Umwelt besser untersucht werden müsse, denn Seeadler fressen üblicherweise keine Nagetiere, die mit den Ködern verdrängt werden sollen – reichern diese Substanzen dennoch in der Leber an. 

Quellen